VIG und Erste Group verstärken Kooperation

Die Partnerschaft von VIG und Erste Group beruht auf einem gemeinsamen „emotionalen Grundverständnis“, sagt Peter Bosek. Das Vorstandsmitglied der Erste Group sieht großes Wachstumspotenzial im Bankvertrieb von Sach- und Krankenversicherungen.

Peter Bosek, Vorstandsmitglied der Erste Group Bank AG, Bereich Retail Banking (Porträt, © Erste Group)

Peter Bosek ist als Vorstandsmitglied der Erste Group Bank AG für den Bereich Retail Banking zuständig. Worauf er als Kunde beim Abschluss einer Versicherung Wert legt? „Ich schätze es, wenn mir lästige Aufgaben abgenommen werden, um die ich mich dann nicht kümmern muss.“ Im Schadenfall soll es schnell gehen und „ich möchte nicht allzu viel ausfüllen müssen“.

VIG und Erste Group arbeiten seit 2008 in einer strategischen Partnerschaft eng zusammen. Warum ist es für eine Bank sinnvoll, ihren Kunden Versicherungsprodukte anzubieten?

Peter Bosek: Wir sehen es als unsere Aufgabe, unsere Kunden beim Aufbau von Vermögen zu unterstützen. Daher sollten wir ihnen auch zur Seite stehen, wenn sie dieses Vermögen absichern wollen. Wenn wir einem Kunden dabei helfen, seine Immobilie zu finanzieren, dann möchte er sie vermutlich auch gegen Feuer versichern. Oder wenn der Kunde ein Auto least, benötigt er eine Haftpflichtversicherung. Unsere Kunden erhalten das komplette Service- und Produktangebot bequem aus einer Hand. Das stärkt wiederum die Kundenbindung und ist somit auch für uns ein Vorteil.

„Gemeinsam mit der VIG haben wir 2017 intensiv daran gearbeitet, die Produktvarianten zu reduzieren und einfacher zu gestalten, damit für den Kunden der konkrete Nutzen klarer sichtbar wird.“ Peter Bosek

Peter Bosek

VIG und Erste Group haben 2017 eine Projektgruppe ins Leben gerufen, um die Zusammenarbeit noch weiter zu intensivieren. Worin besteht die konkrete Zielsetzung?

Bosek: Wir wollen unseren Kunden ein noch umfangreicheres Versicherungsangebot bieten. Dabei sehen wir vor allem im Vertrieb von Kranken- und Sachversicherungen ein sehr großes Potenzial – sowohl in CEE als auch in Österreich. Gemeinsam mit der VIG haben wir 2017 intensiv daran gearbeitet, die Produktvarianten zu reduzieren und einfacher zu gestalten, damit für den Kunden der konkrete Nutzen klarer sichtbar wird. Die gemeinsame Projektgruppe hat außerdem Maßnahmen konzipiert und zum Teil bereits umgesetzt, um die Prozesse im Hintergrund zu beschleunigen. Dies sind wesentliche Voraussetzungen für einen erfolgreichen Bankvertrieb.

Was erwarten Sie sich von den geplanten Fusionen der Allspartenversicherer mit den auf den Bankvertrieb spezialisierten Lebensversicherungen innerhalb der VIG?

Bosek: Die Fusionen bündeln das Know-how der jeweiligen Versicherungsgesellschaften. Damit haben wir in allen Ländern, in denen es eine Kooperation zwischen Erste Group und VIG gibt, nur mehr einen klar definierten Ansprechpartner. Die VIG kann uns so noch besser bei der Beratung und beim Verkauf von Versicherungsprodukten unterstützen.

Welche Zukunft hat der Bankvertrieb von Versicherungsprodukten angesichts der rückläufigen Zahl von Bankfilialen?

Bosek: Sowohl Bank- als auch Versicherungsgeschäft haben weiterhin eine persönliche Dimension. Aber ich bin „Vertriebskanal-Agnostiker“: Es liegt am Kunden, sich den bevorzugten Kontaktpunkt auszusuchen. Wir müssen sämtliche Möglichkeiten bereitstellen. Egal ob in der Filiale oder digital – die Kunden sind uns so oder so stets willkommen. Gleichzeitig glaube ich, dass auch der digitale Vertrieb von Versicherungen zunehmen wird. Allerdings müssen wir sehr gezielt jene Dinge online anbieten, die der Kunde auch wirklich online in Anspruch nehmen möchte, idealerweise erweitert um digitale Zusatzservices.

Start-ups sorgen sowohl in der Banken- als auch in der Versicherungsbranche für frischen Wind. Was halten Sie von diesem Trend?

Bosek: Wir arbeiten gerne mit Start-ups zusammen, leben aber auch selbst eine ausgeprägte Innovationskultur: Mit George haben wir etwa die erste paneuropäische Banking-Plattform lanciert. Interessanterweise können wir von diesen jungen Unternehmen in erster Linie lernen, besser zu kommunizieren. Die Finanzbranche war nie Weltmeister im Klartextsprechen. Da haben wir Aufholbedarf.

Was ist aus Ihrer Sicht das Erfolgsgeheimnis der Partnerschaft von VIG und Erste Group?

Bosek: Manchmal beruhen solche Kooperationen auf einer reinen Finanzlogik oder folgen Trends am Kapitalmarkt. Bei uns ist das anders. VIG und Erste Group eint ein gemeinsames emotionales Grundverständnis. Beide Unternehmen entstanden im 19. Jahrhundert aus einer ähnlichen Gründungsidee heraus, nämlich dass wir Finanzdienstleister für alle sein wollen. Auch unsere jüngere Vergangenheit verbindet uns. Wir haben ein sehr ähnliches Verständnis davon, wie wir in unseren Märkten in Zentral- und Osteuropa agieren. Wir passen uns an lokale Gegebenheiten an und versuchen, Volkswirtschaft und Kunden bestmöglich zu unterstützen. Das alles hat dazu beigetragen, dass unsere Partnerschaft so gut funktioniert.

VIG forciert Bankgeschäft

Harald Londer, Leiter Abteilung Bankenkooperation der VIG (Porträt, © Fischer)

Harald Londer leitet die Abteilung Bankenkooperation der VIG.

Anfang 2018 hat die VIG den neuen Bereich Bankenkooperation geschaffen, welcher die Entwicklung und Umsetzung von konzernweiten strategischen Initiativen steuert. Mit 1. März 2018 hat Harald Londer die Leitung übernommen. Der 54-jährige Jurist ist ein profunder Kenner der Bankversicherungsszene in Österreich und in CEE. Zuletzt war er im Top-Management der tschechischen Tochter einer internationalen Versicherungsgruppe tätig.

Bereits 2017 hat die VIG die Fusionsprozesse der auf den Bankvertrieb spezialisierten Lebensversicherungen mit den lokalen Allspartenversicherern in Österreich, der Tschechischen Republik, der Slowakei, Ungarn und Kroatien eingeleitet.

In Österreich haben Wiener Städtische und Erste Bank 2017 einen zweimonatigen Vertriebspiloten durchgeführt: In 13 Filialen der Erste Bank und Sparkassen wurden neue und vereinfachte Lösungen für die Kranken- und Sachversicherung angeboten. Aufgrund des großen Kundeninteresses wird das Konzept ab März 2018 auf ganz Österreich ausgeweitet. Vergleiche mit europäischen Märkten zeigen, dass bereits bis zu 10% im Nicht-Leben-Geschäft via Banken vermittelt wird. Diese Marke peilt die Wiener Städtische gemeinsam mit der Erste Bank und den Sparkassen ebenfalls an.