EXPERTENCHECK
„Gibt es einen CEE-Bonus?“
2009, am Höhepunkt der internationalen Finanzkrise, wurde das Schreckgespenst einer Pleite Österreichs und zentral- und osteuropäischer Staaten an die Wand gemalt. Medien, Ökonomen, Ratingagenturen und sogar der Internationale Währungsfonds (IWF) verbreiteten diese Sichtweise. Dies basierte auf der irrigen Annahme, dass das ausgegebene Gesamtkreditvolumen österreichischer Banken (inkl. CEE) im Vergleich zum österreichischen Bruttoinlandsprodukt zu hoch sei.
Natürlich sind heimische Finanzinstitute massiv in CEE engagiert. In der Bewertung des Kreditvolumens hat man allerdings vergessen, auch die Wirtschaftsleistung der jeweiligen CEE-Staaten zu berücksichtigen. Darüber hinaus waren und sind Kredite nicht nur durch österreichische Spareinlagen (was zu wenig gewesen wäre), sondern auch durch lokale Einlagen in den CEE-Ländern gedeckt. Eine grobe Fehleinschätzung, welche sich im Nachhinein als haltlos erwies. Der IWF entschuldigte sich, der Schaden aber war enorm. Aus einem CEE-Bonus für die heimische Wirtschaft wurde ein gefühlter Osteuropa-Malus.
„Ist der Ruf mal ruiniert …“ – diese Redewendung passt für CEE definitiv nicht. Es dauerte aber Jahre, mit Fakten zu überzeugen und verlorenes Vertrauen zurückzugewinnen. Natürlich sind Wachstumsraten auch hier auf moderatem Niveau. CEE wächst aber im Schnitt doppelt so schnell wie die Eurozone. Zuwächse wie vor der Krise wären aber auf lange Sicht auch nicht zu halten gewesen. So gesehen hatte die Krise eine reinigende Wirkung.
Faktum ist jedoch, dass die aktuelle Situation Österreich und CEE nachhaltig begünstigen sollte. Dafür spricht, dass es praktisch keine direkten Relationen zu in Schwierigkeiten geratenen Schwellenländern wie China oder Brasilien gibt und schwache Öl- und Rohstoffpreise die industrielle Produktion begünstigen. Eine leicht positive konjunkturelle Belebung in Westeuropa und ein niedriger Euro sollten zudem weitere positive Effekte auf die Exportwirtschaft haben.
In Summe manifestiert sich ein CEE-Bonus nicht nur in einer Ausweitung der Geschäftsbasis, sondern infolge der Vielfalt der unterschiedlichen Länder auch in höherer wirtschaftlicher Diversifikation und aufgrund des intakten Aufholpotenzials in einem höheren durchschnittlichen Wachstum der gesamten Region.